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16 Erste Begegnung
 
Margarethe
Ich fühl es wohl, dass mich der Herr nur schont,
Herab sich lässt, mich zu beschämen.
Ich weiß zu gut, dass solch erfahr`nen Mann
Mein arm Gepräch nicht unterhalten kann.
Faust
Ein Blick von dir, ein Wort mehr unterhält
Als alle Weisheit dieser Welt.
Margarethe
Wie könnt Ihr sie küssen?
Sie ist so garstig, ist so rauh!
Marthe
Und Ihr, mein Herr, Ihr reist so immer fort?
Mephistopheles
Ach, da Gewerb und Pflicht uns dazu treiben!
Mit wieviel Schmerz verlässt man manchen Ort
Und darf doch nun einmal nicht bleiben!
Marthe
In raschen Jahren geht`s wohl an,
So um und um frei durch die Welt zu streifen;
Doch kommt die böse Zeit heran,
Und sich als Hagestolz allein zum Grab zu schleifen,
Das hat noch keinem wohlgetan.
Mephistopheles
Mit Grausen seh ich das von weiten.
Margarethe
Du hast der Freunde häufig,
Sie sind verständiger, als ich bin.
Faust
O Beste! glaube, was man so verständig nennt,
Ist oft mehr Eitelkeit und Kurzsinn.
Margarethe
Wie?
Faust
Ach, dass die Einfalt, dass die Unschuld nie
Sich selbst und ihren heil`gen Wert erkennt!
Dass Demut, Niedrigkeit, die höchsten Gaben
Der liebevoll austeilenden Natur -
Margarethe
Denkst du an mich ein Augenblickchen nur,
Ich werde Zeit genug an dich zu denken haben.
Faust
Du bist wohl viel allein?
Margarethe
Ja, unsre Wirtschaft ist nur klein,
Und doch will sie versehen sein.
Meine Mutter ist in allen Stücken
So akkurat!
Mein Vater hinterließ ein hübsch Vermögen,
Ein Häuschen und ein Gärtchen vor der Stadt.
Doch hab ich jetzt so ziemlich stille Tage:
Mein Bruder ist Soldat,
Mein Schwesterchen ist tot.
Ich hatte mit dem Kind so meine liebe Not;
Doch übernähm ich gern noch einmal alle Plage,
So lieb war mir das Kind.
Faust
Ein Engel, wenn dir`s glich!
Margarethe
Ich zog es auf, und herzlich liebt`es mich.
Es war nach meines Vaters Tod geboren;
Die Mutter gaben wir verloren,
So elend wie sie damals lag,
Und sie erholte sich sehr langsam, nach und nach.
Da konnte sie nun nicht dran denken,
Das arme Würmchen selbst zu tränken,
Und so erzog ich`s ganz allein,
Mit Milch und Wasser: so war`s mein.
Auf meinem Arm, in meinem Schoß
War`s freundlich, zappelte, ward groß.
Faust
Du hast gewiss das reinste Glück empfunden.
Margarethe
Doch auch gewiss gar manche schwere Stunden.
Des Kleinen Wiege stand zur Nacht
An meinem Bett: es durfte kaum sich regen,
War ich erwacht;
Da geht`s, mein Herr, nicht immer mutig zu;
Doch schmeckt dafür das Essen, schmeckt die Ruh.
Marthe
Sagt grad, mein Herr: habt Ihr noch nichts gefunden?
Hat sich das Herz nicht irgendwo gebunden?
Ich meine: ob Ihr niemals Lust bekommen?
Mephistopheles
Man hat mich überall recht höflich aufgenommen.
Marthe
Ich wollte sagen: ward`s nie Ernst in Eurem Herzen?
Mephistopheles
Mit Frauen soll man sich nie unterstehn zu scherzen.
Marthe
Ach, Ihr versteht mich nicht!
Mephistopheles
Das tut mir herzlich leid!
Doch ich versteh - dass Ihr sehr gütig seid.
Faust
Du kanntest mich, o kleiner Engel, wieder,
Gleich als ich in den Garten kam?
Margarethe
Sahst du es nicht? ich schlug die Augen nieder.
Faust
Und du verzeihst die Freiheit, die ich nahm?
Was sich die Frechheit unterfangen,
Als du jüngst aus dem Dom gegangen?
Margarethe
Ich war bestürzt, mir war das nie geschehn;
Es konnte niemand Übels von mir sagen.
Ach, dacht ich, hat er in deinem Betragen
Was Freches, Unanständiges gesehn?
Ich war recht bös auf mich,
Dass ich auf dich nicht böser werden konnte.
Faust
Süß Liebchen!
Margarethe
Er liebt mich - Er liebt mich nicht -  
Faust
Wie?
Margarethe
Du lachst mich aus.
Faust
Was murmelst du?
Margarethe
Er liebt mich - liebt mich nicht -
Faust
Du holdes Himmelsangesicht!
Margarethe
Liebt mich - nicht - liebt mich - nicht -
Faust
Er liebt mich!
Margarethe
Ja, mein Kind! Lass dieses Blumenwort
Dir Götterausspruch sein! Er liebt dich!
Verstehst du, was das heißt? Er liebt dich!
Faust
Mich überläuft`s!
Margarethe
O schaudre nicht! Lass diesen Blick,
Lass diesen Händedruck dir sagen,
Was unaussprechlich ist.
Sich hinzugeben ganz und eine Wonne
Zu fühlen, die ewig sein muss!
Ewig! - Ihr Ende würde Verzweiflung sein
Nein! kein Ende! kein Ende!
Marthe
Die Nacht bricht an.
Mephistopheles
Ja, und wir wollen fort.
Marthe
Ich bät Euch, länger hier zu bleiben;
 
 
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