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Strichfassung
 
 
27 Thronsaal des Kaisers
 
Kaiser
Ich grüße die Getreuen, Lieben,                                            
Allein wo ist der Narr geblieben?
Junker
Gleich hinter deiner Mantelschleppe
Stürzt`er zusammen auf der Treppe;
Man trug hinweg das Fettgewicht,
Tot oder trunken? weiß man nicht.
Zweiter Junker
Sogleich mit wunderbarer Schnelle
Drängt sich ein andrer an die Stelle.         
Gar köstlich ist er aufgeputzt!
Mephistopheles 
Was ist erwünscht und stets willkommen?
Was ist ersehnt und stets verjagt?
Gemurmel der Menge
Ein neuer Narr - Zu neuer Pein -
Wo kommt er her? - Wie kam er ein?-
Der alte fiel - Der hat vertan -
Es war ein Fass - Nun ist`s ein Span -
Mephistopheles 
Und also, ihr Getreuen, Lieben,
Willkommen aus der Näh und Ferne!
Doch sagt, warum in diesen Tagen,                            
Warum wir uns ratschlagend quälen sollten!
Doch weil ihr meint, es ging` nicht anders an,
Geschehen ist`s, so sei`s getan.                                    
Kanzler
Die höchste Tugend, wie ein Heiligenschein,
Umgibt des Kaisers Haupt, nur er allein
Vermag sie gültig auszuüben:
Gerechtigkeit! -                        
Wenn`s fieberhaft durchaus im Staate wütet
Und Übel sich in Übeln überbrütet,
Der raubt sich Herden, der ein Weib,
Kelch, Kreuz und Leuchter vom Altare.
Berühmt sich dessen manche Jahre.
Ein Richter, der nicht strafen kann,
Gesellt sich endlich zum Verbrecher.
Heermeister
Wie tobt`s in diesen wilden Tagen!
Ein jeder schlägt und wird erschlagen,
Und fürs Kommando bleibt man taub.
Der Mietsoldat wird ungeduldig,
Mit Ungestüm verlangt er seinen Lohn,
Und wären wir ihm nichts mehr schuldig,
Er liefe ganz und gar davon.
Doch keiner denkt, es ging` ihn irgend an.
Schatzmeister
Auch, Herr, in deinen weiten Staaten
An wen ist der Besitz geraten?
Wir haben soviel Rechte hingegeben,       
Dass uns auf nichts ein Recht mehr übrig bleibt.
Auch auf Parteien, wie sie heißen,
Ist heutzutage kein Verlass;
Sie mögen schelten oder preisen,
Gleichgültig wurden Lieb und Hass.                  
Wer jetzt will seinem Nachbarn helfen?   
Ein jeder hat für sich zu tun.
Marschalk 
Welch Unheil muss auch ich erfahren!
Wir wollen alle Tage sparen
Und brauchen alle Tage mehr,
Und täglich wächst mir neue Pein.
Die Deputate, sich`re Renten,                  
Sie gehen noch so ziemlich ein;
Jedoch am Ende fehlt`s am Wein.
Mephistopheles 
Sag, weißt du Narr nicht auch noch eine Not?
Mephistopheles 
Ich keineswegs. Den Glanz umher zu schauen,  
Dich und die deinen!
Was könnte da zum Unheil sich vereinen,
Zur Finsternis, wo solche Sterne scheinen?
Gemurmel
Das ist ein Schalk – Der`s wohl versteht -                            
Er lügt sich ein - Solang es geht -
Ich weiß schon - Was dahinter steckt -
Und was denn weiter - Ein Projekt -                   
Mephistopheles 
Wo fehlt`s nicht irgendwo auf dieser Welt?
Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld.
In Bergesadern, Mauergründen
Ist Gold gemünzt und ungemünzt zu finden,
Und fragt ihr mich, wer es zu Tage schafft:
Begabten Manns Natur - und Geisteskraft.        
Kanzler
Natur und Geist - so spricht man nicht zu Christen.
Deshalb verbrennt man Atheisten,
Weil solche Reden höchst gefährlich sind.
Natur ist Sünde. Geist ist Teufel,                                         
Sie hegen zwischen sich den Zweifel,
Ihr missgestaltet Zwitterkind.
Die Heiligen sind es und die Ritter;          
Nehmen Kirch und Staat zum Lohn.
Die Ketzer sind`s! die Hexenmeister!
Und sie verderben Stadt und Land.
Die willst du nun mit frechen Scherzen
In diese hohen Kreise schwärzen;    
Mephistopheles 
Daran erkenn ich den gelehrten Herrn!
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht,
Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht!
Mephistopheles 
Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt;
Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?    
Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;
Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff es denn!
Mephistopheles 
Ich schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr;
Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer.
Es liegt schon da, doch um es zu erlangen,
Das ist die Kunst! Wer weiß, es anzufangen?
Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,
Wo Menschenfluten Land und Volk ersäuften,
Wie der und der, so sehr es ihn erschreckte,
Sein Liebstes da- und dortwohin versteckte.
So war`s von je in mächtiger Römerzeit,
Und so fortan, bis gestern, ja bis heut.
Das alles liegt im Boden still begraben;
Der Boden ist des Kaisers, der soll`s haben.      
Schatzmeister
Für einen Narren spricht er gar nicht schlecht;
Das ist fürwahr des alten Kaisers Recht.
Kanzler
Der Satan legt euch goldgewirkte Schlingen:
Es geht nicht zu mit frommen rechten Dingen.
Marschalk 
Schafft` er uns nur zu Hof willkommne Gaben,
Ich wollte gern ein bisschen Unrecht haben.
Heermeister
Der Narr ist klug, verspricht, was jedem frommt;
Fragt der Soldat doch nicht, woher es kommt,
Mephistopheles 
Und glaubt ihr euch vielleicht durch mich betrogen:
Hier steht ein Mann! Da, fragt den Astrologen!
In Kreis`um Kreise kennt er Stund und Haus.   
So sage denn: wie sieht`s am Himmel aus?
Gemurmel
Zwei Schelme sind`s - Verstehn sich schon -
Narr und Phantast - So nah dem Thron -
Ein mattgesungen - Alt Gedicht -
Der Tor bläst ein - Der Weise spricht -     
Astrolog 
Die Sonne selbst, sie ist ein laut`res Gold:
Paläste, Gärten, Brüstlein, rote Wangen,      
Das alle schafft der hochgelahrte Mann,  
Der das vermag, was unser keiner kann.
Mephistopheles 
Ich höre doppelt, was er spricht,              
Und dennoch überzeugt`s mich nicht.
Gemurmel
Was soll uns das?  - Gedrosch`ner Spaß –
Mephistopheles 
Da stehen sie umher und staunen,
Vertrauen nicht dem hohen Fund.
Ihr alle fühlt geheimes Wirken
Der ewig waltenden Natur.
Nur gleich entschlossen grabt und hackt:
Da liegt der Schatz!       
Mephistopheles 
Nur eilig! Du entschlüpfst nicht wieder.
Ich lege Schwert und Zepter nieder
Und will mit eignen hohen Händen,
Wenn du nicht lügst, das hohe Werk vollenden,
Dich, wenn du lügst, zur Hölle senden!
Mephistopheles 
Den Weg dahin wüsst ich allenfalls zu finden. -
Doch kann ich nicht genug verkünden,
Was überall besitzlos harrend liegt.
Zur Nachbarschaft der Unterwelt!
Der Weise forscht hier unverdrossen;
Mephistopheles 
Schwarz sind die Kühe, so die Katzen grau.
Die Töpfe drunten, voll von Goldgewicht,
Zieh deinen Pflug und ackre sie ans Licht!
Mephistopheles 
Nimm Hack und Spaten, grabe selber!              
Die Bauernarbeit macht dich groß,
Dann ohne Zaudern, mit Entzücken
Kannst du dich selbst, wirst die Geliebte schmücken:
Mephistopheles 
Nur gleich, nur gleich! Wie lange soll es währen!
Astrolog 
Herr, mäßige solch dringendes Begehren,
Lass erst vorbei das bunte Freudenspiel!          
Wer Gutes will, er sei erst gut,
Wer Freude will, besänftige sein Blut,
Wer Wunder hofft, der stärke seinen Glauben! 
Mephistopheles 
Sei die Zeit in Fröhlichkeit vertan!
Und ganz erwünscht kommt Aschermittwoch an.
Indessen feiern wir, auf jeden Fall,
Nur lustiger das wilde Karneval.
Mephistopheles 
Wie sich Verdienst und Glück verketten,
Das fällt den Toren niemals ein;
Wenn sie den Stein der Weisen hätten,              
Der Weise mangelte dem Stein.
 
 
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