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Faust 2015 > Ebene 01 Zueignung
01 / Zueignung
 
 
Tiefschwarze Bühne ohne Requisiten.
Ein schwarzer Vorhang verdeckt die Bühneneinrichtung für das „Vorspiel auf dem Theater“.
Bevor der Zuschauerraum geöffnet wird, setzen sich Panthyrann und Mephistopheles auf den Rand der Bühnenrampe und beginnen zu würfeln.
Im gesamten Zuschauerraum sind unterhalb der Sitze unabhängig voneinander ansteuerbare Lautsprecher angeordnet.
Nachdem sich der Zuscherraum zu einem Drittel gefüllt hat, beginnt irgendwo eine Lautsprecherstimme die „Zueignung“ zu rezitieren. Nicht laut - so, als würde jemand das Programmheft seinem Nachbarn vorzulesen. Die „Zueignung" wird bis zum Beginn des „Vorspieles auf dem Theater“ von ständig wechselnden Stimmen vorgelesen. Aus großem Abstand hört man nur ein Gemurmel, aber jeder Zuschauer hört vorrangig den Lautsprecher unter seinem Sitz und wird somit den Text der Zueignung bis zum Beginn des Vorspieles mehrfach hören.
Panthyrann zieht ein Fernrohr aus seiner Tasche und richtet es in den Zuschauerraum. Er wird fündig und macht Mephistopheles darauf aufmerksam. Mephistopheles übernimmt das Fernrohr und findet die gemeinte Person. Beide lachen. Sie verständigen sich gestikulierend, ob sie ihn sofort oder erst später liquidieren sollen und wer von ihnen seine Seele bekommen wird. Das Würfelspiel geht danach weiter.
Eine Frau scheint das nächste Spielobjekt zu werden. Die Würfel kullern und bleiben liegen. Panthyrann erkennt die Punkte und schreibt das Zeichen der Weiblichkeit in die schwarze Luft und hält ein imaginäres Kind in den Händen, wiegt es in den Armen und streichelt zärtlich das kleine Köpfchen.
Mephistopheles gestikuliert dazu witzig oder auch obszön. Dieses Würfelspiel setzt sich fort bis zum Beginn des „Vorspieles“.                                            
 
 
 
Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,
Die früh sich einst dem Blick gezeigt.
Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
Fühl` ich mein Herz nach jenem Wahn geneigt?
Ihr drängt euch zu! nun gut, so mögt ihr walten,
Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;
Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert
Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert.
Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage
Und manche liebe Schatten steigen auf;
Gleich einer alten, halbverklungnen Sage
Kommt erste Lieb` und Freundschaft mit herauf;
Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage
Des Lebens labyrinthisch irren Lauf,
Und nennt die Guten, die, um schöne Stunden
Vom Glück getäuscht, vor mir hinweggeschwunden.
Sie hören nicht die folgenden Gesänge,
Die Seelen, denen ich die ersten sang;
Zerstoben ist das freundliche Gedränge,
Verklungen, ach! der erste Widerklang.
Mein Lied ertönt der unbekannten Menge,
Ihr Beifall selbst macht meinem Herzen bang.
Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet,
Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet.
Und mich ergreift ein  längst entwöhntes Sehnen
Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich,
Es schwebet nun in unbestimmten Tönen
Mein lispelnd Lied, der Äolsharfe gleich,
Ein Schauer fasst mich, Träne folgt den Tränen,
Das strenge Herz, es fühlt sich mild und weich;
Was ich besitze, seh` ich wie im Weiten,
und was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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