21 Text - faust-1-faust-2-inszenierung.com

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Faust 2015 > Ebene 21 Am Taufbecken
21 Am Taufbecken
 
Am Taufbecken im Inneren des Domes. Dunkles Kirchenschiff. Margarethe und Lieschen haben Putzdienst im Dom. Margarethe wischt den Fußboden mit Scheuertuch und Schrubber. Lieschen putzt das Taufbecken. Sie tragen einfache knöchellange hellgraue Kleider mit Schürzen. Die Haare haben sich beide mit Tüchern zusammengebunden. Margarethe beendet ihre Arbeit, wringt das Scheuertuch über dem Eimer aus und kommt aus dem Inneren des Kirchenschiffes auf Lieschen zu. Lieschen hat ebenfalls ihre Arbeit unterbrochen und erwartet Margarethe am Taufbecken, um Frühstückspause zu machen.  Margarethe stellt an einer der Säulen den schweren Eimer ab, lehnt den Schrubber an die Säule und greift sich instinktiv an den Unterleib. Sie fühlt das Kind, das in ihr wächst, noch nicht körperlich, aber sie spürt die Anstrengung, die sie die Arbeit kostet. Sie wird von Übelkeiten und anderen Unannehmlichkeiten geplagt. In Gedanken versunken, den Kopf leicht nach unten gebeugt, geht sie auf das Taufbecken zu. Lieschen kaut und beobachtet argwöhnisch die schweigsame Freundin.  
Margarethe malt mit dem Finger Zeichen in die Wasseroberfläche. Lieschen schaut Margarethe an, steckt zwei ihrer Finger ebenfalls in das Wasser und spritzt der Freundin eine kleine Ladung Wasser ins Gesicht. Sie lacht im gleichen Moment laut heraus und erschrickt selbst über die Ungehörigkeit, das geweihte Wasser in der Gegend herum zu spritzen! Margarethe erschrickt, als wäre ein Eimer Wasser über ihr ausgegossen worden. Sie schaut entgeistert auf, ist sprachlos, fühlt sich nackt wie in einem Alptraum. Sie kommt zu sich und versucht, ihre Geistesabwesenheit zu überspielen, indem sie sofort zu ihrem Stullenpaket greift, vom Brot abbeißt. Sie kaut und kaut aber ihr Mund bleibt trocken. Sie würgt verzweifelt den Bissen herunter.
Lieschen sucht nach Worten, denn sie spürt, dass sie gemein war. Sie beginnt, von ihrer gemeinsamen Freundin Bärbel zu reden, aber eigentlich meint sie Margarethe mit ihren Sticheleien und versucht, sie in die Enge zu treiben und die Wahrheit von ihr bestätigt zu bekommen.
Lieschen
Hast nichts von Bärbelchen gehört?
 
Margarethe
Kein Wort! Ich komm gar wenig unter Leute.
 
Lieschen
Gewiss, Sibylle sagt`mirs heute:
 
Margarethe
Wieso?
 
Lieschen
Es stinkt!
Sie füttert zwei, wenn sie nun isst und trinkt.
 
Margarethe sieht sich gezwungen, das Wortspiel mitzuspielen und gibt sich erschrocken:
 
Margarethe
Ach!
 
Lieschen
So ist`s ihr endlich recht ergangen.
Musst überall die erste sein,
Bildt` sich was auf ihre Schönheit ein;
War doch so ehrlos, sich nicht zu schämen,
Geschenke von ihm anzunehmen.
War ein Gekos und ein Geschleck;
Da ist denn auch das Blümchen weg!
 
Margarethe
Das arme Ding!
 
Lieschen
Bedauerst sie noch gar!
Da mag sie denn sich ducken nun,
Im Sünderhemdchen Kirchbuß tun!
 
Margarethe
Er nimmt sie gewiss zu seiner Frau.
 
Lieschen
Er wär ein Narr 
Er ist auch fort.
 
Margarethe
Das ist nicht schön!
 
Lieschen
Kriegt sie ihn, soll`s ihr übel gehn:
 
Die Kirchenglocke ertönt dreimal. Die Pause ist vorüber ist und sie gehen wieder an ihre Arbeit -  jeder in eine andere Richtung.
Im Gehen sagt Margarethe vor sich hin:
 
Margarethe
Doch - alles, was dazu mich trieb,
Gott! war so gut! ach, war so lieb!
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü