44 Text - faust-1-faust-2-inszenierung.com

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Faust 2015 > Ebene 44 Die Todeszelle 1
44 Die Todeszelle 1 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Alles richtet sich aus auf den Höhepunkt der Tragödie um das Mädchen Margarethe, das, kaum zur Frau geworden, verstrickt wird in eine Kriminalstorie höchsten Ranges. Mord an der eigenen Mutter wirft man ihr vor, Mord am eigenen Kinde ist ihr nachgewiesen. Mitschuldig am Tode des eigenen Bruders fühlt sie sich. Kann man mehr Schuld auf sich laden? Musste Mephistopheles der Kleinen so übel mitspielen? Hätte nicht eines dieser drei Verbrechen ausgereicht, um das Mitgefühl an ihrem Schicksal zu erregen? Nein, der Teufel ging aufs Ganze, als ob er hätte fürchten müssen, eines der geplanten Delikte könnte schief gehen, so dass er immer noch eines draufsetzten musste.
Faust steht dem Schicksal der einst so Umschwärmten machtlos, ja hilflos, gegenüber, denn außer sich in Wutausbrüchen gegenüber Mephistopheles das Gewissen zu erleichtern, fällt ihm nicht viel ein, um die Frau seiner damaligen Begierde zu retten oder ihr wenigstens beizustehen. Er fühlt ohne nennenswerte Scham,  dass er sich von ihr sehr weit entfernt hat. 
 
Szenenbild 01
Das riesige schwarze Kreuz, das in der Szene „12 Abend“ den Hintergrund für das Zimmer Margarethes darstellte, richtet sich langsam mit kaum spürbarer Bewegung auf. Es wächst, indem die Querbalken sich nach außen schieben und erst damit die Symbolik des Kreuzes erkennen lassen.
Das Kreuz wird von hinten  mehr und mehr beleuchtet, so dass es in seinen Konturen erkennbar ist und sich als gewaltige Bedrohung leicht nach vorn neigt.
Margarethe ist noch nicht sichtbar. Mit zitternder leiser Stimme hört man ihr Singen. 
Szenenbild 02
Das Verlies, in dem Margarethe auf ihren letzten Weg zur öffentlichen Exekution warten muss,
ist noch immer nicht erkennbar, auch wenn jeder Zuschauer ahnen muss, dass ihr Aufenthaltsort mit dem zersplitterten Kreuz zusammenhängen muss.
Margarethe 
Meine Mutter, die Hur,
Die mich umgebracht hat!
Mein Vater, der Schelm,
Der mich gessen hat!
 
Szenenbild 03
Eine Halluzinationen Margarethes wird am Horizontvorhang sichtbar. Eine weite Frühlingslandschaft bildet sich. Im kalten Mondlicht sieht man blühende Apfelbäume. Draußen im Freien beginnt sich das neue Leben zu entfalten während drinnen im Verlies eine junge Frau in zweifelhafter Schuld auf ihre Hinrichtung wartet, ein dramatischer Widerspruch, der die Tragik dieser Szene erhöht.
Eine Tür knarrt sehr laut und ein Gefängniswärter stürmt auf das Gittertor zu und reißt es zur Seite. Er hat ein fürchterliches Aussehen, zerlumpt, angetrunken und stinkend vermutlich.
Er stürzt auf Margarethe zu, die in diesem Moment in den Lichtkegel eines Scheinwerfers kommt. Damit wird ihre entsetzliche Lage sichtbar. Er schließt die Handschellen auf, reißt ihr dem Umhang ab, den er mit einem Fuß zur Seite schleudert. Sie wird auf das Stroh geworfen. Der Wärter lässt seine Hosen herunter und vergewaltigt Margarethe brutal. Sie kann vor Entsetzen und Schmerzen nur stöhnen. Nach dem schnellen Akt zerrt er sie wieder auf die Beine und schließt sie in die Handschellen ein, zieht sich, befriedigt grinsend, die Hosen hoch und verlässt die Szene, indem er das Tor krachend in das Schloss fallen lässt.
Der Umhang, der ihr zuvor noch etwas ihrer Körperwärme ließ, bleibt weit von ihr entfernt liegen.
Die Halluzination der blühenden Apfelbäume verschwindet.
Szenenbild 04
Gefängniswärter haben in brutalem Witz ein in der Höhe des Schamtuches splittrig zerbrochenes, überlebensgroßes Kruzifix mit Zimmermannskrampen an dem schwarzen Kreuz angenagelt. Die Füße des Gotischen Kruzifixes sind noch sehr gut erhalten und wirken mit ihren angemalten roten Blutspuren äußerst realistisch. Über dem Fußnagel hängt die Kette, an der Margarete gefesselt ist. An den Enden der Kette sind die Handschellen mit je einem Schloss befestigt. Margarethe ist mit dem Gesicht zum Kruzifix angekettet.  Die Kette gibt ihr so viel Bewegungsfreiheit, dass sie mit zwangsweise ausgestreckten Armen auf dem sparsam hingeschütteten Stroh knien kann. Steht  sie auf, kann sie sich an den Kruzifixfüßen halten.
Ein Umwenden zum Zuschauerraum ist bei Überkreuzen ihrer Arme gerade noch möglich. Die linke Sandale, die gleiche, die sie trug, als Faust sie in Marthes Garten durch zärtliches Küssen ihres Fußes, erschreckte, hat sie noch an, die andere liegt neben dem Strohhaufen.
Es vergehen einige Sekunden, die sie die Kälte bewusst werden lassen. Als wolle sie sich in einen Wahnsinn flüchten, singt sie mit vor Kälte zitternder Stimme den nächsten Vers.
Margarethe 
Mein Schwesterlein klein
Hub auf die Bein`
An einem kühlen Ort -
Da ward ich ein schönes Waldvögelein;
Fliege fort, fliege fort.
 
Szenenbild 05
Die Bühne verdunkelt sich. Nur die in den Fesseln hängende Margarethe bleibt für wenige Sekunden im grellen Scheinwerferlicht sichtbar.
Es folgt eine erneute Halluzination, die sich auf ihr getötetes Kind bezieht. Die Bühne überzieht sich mit Nebelschwaden und das Traumerlebnis beginnt.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü