Szenenbild 09
Eine kreisförmige
Bodenfläche aus Glas bietet Platz für eine große Staffelei, auf der das
unfertige Portrait einer Nonne steht. Das Kugelgerüst beginnt sich um die
Bodenscheibe zu drehen, die Tagesabläufe symbolisierend. Panthyrann geht die
zwei Schritte zur Staffelei, nimmt das Nonnenbildnis und klammert es mit einer
Wäscheklammer an einen der Breitengrade. Weitere Nonnenbilder liegen untern dem
ersten. Er verstreut einige von ihnen auf dem Boden, nimmt einen Pinsel und
beginnt, den Mund einer Nonne knallrot anzumalen.
Panthyrann hat eine Rolle
übernommen, die voller Ironie und auch Selbstironie ist. Er spielt sich selbst,
aber nicht aus dem Blickwinkel, wie Gläubige ihn sehen und sehen möchten,
sondern aus seinem eigenen, wie er sich als Marionette sieht. Die Menschen
haben ihn als allmächtigen Gott ersonnen, verehren und beten ihn an. Er selbst
kann darüber nur müde lächeln, denn völlig machtlos und überflüssig kommt er
sich vor. Deshalb die an Selbstverachtung grenzende Darstellung seiner Person,
die eher an Perversion als an altehrwürdige Priesterschaft denken lässt. Seine
Kardinalsmütze erklärt seinen Status. Ansonsten ist er mit einem weißen
oberhalb der Knie endenden weißen Hemd bekleidet. Seine nackten behaarten Beine
machen die Gestalt nicht gerade ehrwürdiger. Er schaut sich um und bemerkt,
dass unzählige Augenpaare im Zuschauerraum auf ihn gerichtet sind. Grinsend
bekennt er sich zu seinem schamvollen Aufzug. Er feixt mit dem Publikum, muss
über sich selbst lachen.
Als allmächtiger Gott
dieser Erde ist er von der Menschheit dazu verurteilt, die Erdkugel in Bewegung
zu halten und um dieser Aufgabe gerecht zu werden, stemmt er sich mit größter
Kraftanstrengung gegen die Gitterstäbe und begreift nicht, dass sich die Erde
gleichmäßig und ruhig dreht - mit oder ohne seine Kraftanstrengungen. Das geht
soweit, dass er sich von den Gitterstäben mitziehen lässt, sich wie in einem
Karussell auf einen Breitengrad stellt und eine Runde mitfährt. Dabei setzt er
eine gelangweilte Mine auf.. Er springt ab, stellt sich wieder in Position und
zeigt sich pflichtbewusst. Mürrisch, aber stolz „arbeitet“ er und macht sich
zum bedauernswerten Sisyphus.
Er schiebt er nicht die
Erdkugel an, wendet er sich wieder der Staffelei zu und beginnt, mit geilem
Gesichtsausdruck das Bild der schönen jungen Nonne auszumalen, indem er die
Lippen röter macht, die Augenbrauen nachzieht usw. Er schneidet eine lüsterne
Grimasse, sucht mit der freien Hand nach dem steifen Glied unter dem Hemd. Die
Beleuchtung geht zurück.
Eine rote Linie als Vorderkante eines schmalen
Laufsteges erscheint über der gesamten Bühnenbreite direkt hinter dem
Erdkugelgerüst.
Auf ihr nähern sich die
Erzengel, Michael und Gabriel von links und Raphael von rechts. Auf dem Rücken
tragen sie albern wirkende vergoldete kleine Flügelpaare von Putten eines
barocken Altars entliehen. Sie haben verschieden Reinigungsgeräte bei sich,
Speisen und eine riesige Weinflasche.
Die Stimmen der Erzengel
werden mit leichtem Nachhall verstärkt. Die Musikuntermalung wird zurück
genommen.