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Faust 2015 > Ebene 30 An der Börse
30 An der Börse
 
Die Bühne deutet den Innenraum der „Frankfurter Börse an“. Geschäftiges Treiben herrscht an den Hochgeschwindigkeitscomputern. Der Hintergrund der Bühne ist schwarz.
Der Kaiser, Mephistopheles, Faust, Marschalk, Kanzler-Bischof und Schatzmeister haben ihre Marionettenkostüme gegen solche der Jetztzeit getauscht und kommen über den Zwischengang zu Bühne. Während ihres Eintretens wird die folgende Unterhaltung geführt.
Faust
Verzeihst, du, Herr, das Flammengaukelspiel?
 
Kaiser
Ich wünsche mir dergleichen Scherze viel. -
Von meinem Hof erkannt ich ein- und andern;
Ich schien ein Fürst von tausend Salamandern.          
 
 
Mephistopheles, jeden Respekt vernachlässigend, legt den Arm auf die Schulter des Kaisers  und spricht äußerst vertraut.
 
Mephistophles             

Das bist du, Herr!
Bei jedem Schritt,
Wohin du gehst, gehn die Paläste mit.                        
Der Haifisch klafft: du lachst ihm in den Rachen.
 
Der Kaiser winkt in gekünstelter Bescheidenheit ab und erwidert:
 
Kaiser
Die luft`gen Räume, die erlass ich dir:
Noch früh genug besteigt man jenen Thron.                 
 
Mephistophles             

Und, höchster Herr! die Erde hast du schon.
 
Kaiser
Welch gut Geschick hat dich hierher gebracht,
Unmittelbar aus Tausendeiner Nacht?                
 
Die anderen warten auf Mephistopheles und den Kaiser. Der Kaiser ist sichtlich zufrieden, zeigt Stolz mehr als Würde, und kann die erhofften weiteren Amüsements kaum erwarten. Alle bleiben erstaunt auf dem Steg einige Meter vor der Bühne stehen und sehen ein grandioses Schauspiel. Über den Börsentischen entsteht eine riesige Erdkugel, um die sich wie die elliptischen Bahnen von Planeten um die Sonne die Informationsflüsse des Internethandels mit Wertpapieren ziehen. In allen Richtungen und in jedem Winkel rasen die Informationen um die Erde. Aus dem imaginären Himmel fallen weiße und bunte kleine Zettel auf die Börsentische herab, die sich dort  zu Haufen türmen.  Eine große Uhr zeigt den Schluss des Börsenhandels an. Die Erdkugel mit den Infobahnen verschwindet. Der Bühnenhintergrund verdunkelt sich. Die Zettelhaufen werden grell goldgelb angestrahlt und verwandeln sich in Goldbarren, die sich eigenständig auf den Tischen zu Türmen stapeln.
Der Marschalk, Heermeister, Kanzler-Bischof und Schatzmeister laufen eilig zu den Tischen
und stehen dem unerwarteten Reichtum sprachlos gegenüber. Der Marschalk beginnt zu sprechen:
 
Marschalk  
Rechnung für Rechnung ist beglichen,                        
Die Wucherklauen sind beschwichtigt,
Los bin ich solcher Höllenpein;
Im Himmel kann`s nicht heit`rer sein.
 
Heermeister         
Abschläglich ist der Sold entrichtet,
Das ganze Heer aufs neu verpflichtet,
 
Faust
Dem Kanzler ziemt`s, die Sache vorzutragen.
 
Der Kanzler nimmt einen der Zettel und liest laut.
 
Kanzler
Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.
Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand,
Unzahl vergrab`nen Guts im Kaiserland.
Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz
Sogleich gehoben, diene zum Ersatz.
 
Der Kaiser nimmt dem Kanzler das Stück Papier aus der Hand, liest selbst den Text und legt den Zettel kraftvoll auf den Tisch.
 
Kaiser
Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug!
Wer fälschte hier des Kaisers Namenzug?
 
Schatzmeister
Erinnre dich: hast selbst es unterschrieben!
Erst heute Nacht. Du standst als großer Pan,
 
 
Kaiser
Und meinen Leuten gilt`s für gutes Gold?
Dem Heer, dem Hofe gnügt`s zu vollem Sold?
So sehr mich`s wundert, muss ich`s gelten lassen.
 
 
Der Kaiser ist überzeugt vom Nutzen des Papiers, des Papiergeldes im Original bzw. den Aktien und Profiten des Internetgeldhandels im Speziellen.
 
 
Mephistophles             

Ein solch Papier, an Gold und Perlen Statt,
Ist so bequem: man weiß doch, was man hat;
 
Der Kaiser wendet sich vertraut an Faust.
 
Kaiser
Das hohe Wohl verdankt euch unser Reich;
Vertraut sei euch des Reiches inn`rer Boden,
Ihr seid der Schätze würdigste Kustoden.                    
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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