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Faust 2015 > Ebene 34 Helena und Paris
34 Helena und Paris / 1
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Szenenbild 01
An einer Wandfläche aus tiefdunkelrotem Samt befindet sich die Ahnengalerie des Kaisers.
Hier hängen Porträts wie auch Bilder von Personen in Lebensgröße. Die Rahmen sind in ihrem Prunk reduziert. Sie sollen nur wenig Kontrast zum roten Samt geben. Die Rahmen sind zwar aus Stuck, aber schwarz mit roten Ornamenten versehen.
Ein einziges sehr großes Bild einer Größe von 2x2m ist in einem üblichen schweren vergoldeten Stuckrahmen. Das Gewicht des Bildes muss allerdings sehr gering sein, da Faust es ohne mühe von der Wand nehmen muss. Dieses Bild ist das einzige wirkliche Bild, denn der Inhalt aller übrigen sind echte Schauspieler, die von der Wand aus ihre Rollen sprechen.
Der Kaiser sitzt mit dem Rücken zum Publikum. Beim Betreten des Podestes lässt Mephistopheles auf einen an der Treppe stehenden Stuhl den Priestermantel, den er für Faust vorgesehen hat, fallen.
Mephistopheles ist sich keineswegs sicher, ob Faust, selbst wenn er wiederkommen sollte, Helena und Paris mitbringt.
Paris und Helena haben sich vom Lager erhoben und stehen vor der Bank, natürlich hinter dem Rahmen. Ihre zarten Liebesspiele setzen sich fort. Sie lehnt den Kopf an die Brust des Paris. Er nimmt sie auf den Arm und setzt sie zurück auf die Bank usw. Mephistopheles wird vom langen Halten des Rahmens der Arm steif. Er wechselt seine Position und bemerkt wie nebenbei:
Herold
Den Kaiser setzt man gerade vor die Wand;
Sind wir bereit: die Geister mögen kommen!
 
Mephistopheles ist ungeduldig und voller ängstlicher Spannung. Zu fragwürdig ist das Wiederkommen Fausts. Immer wieder tritt er ungeduldig von einem Bein auf das andere.
 
Astrolog
Beginne gleich das Drama seinen Lauf!
Nichts hindert mehr, hier ist Magie zur Hand.
 
Noch steht Mephistopheles neben dem Kaiserstuhl, wird aber nach den beiden Verszeilen aufstehen und sich neben das Bild des Architekten stellen, um ihm zu soufflieren - im Vorbeigehen den Astrologen ansprechend.
 
 Mephistopheles   
Von hier aus hoff ich allgemeine Gunst;
Einbläsereien sind des Teufels Redekunst.
Du kennst den Takt, in dem die Sterne gehn,
 
Astrolog
Empfangt mit Ehrfurcht sterngegönnte Stunden!
Mit Augen schaut nun, was ihr kühn begehrt!
Unmöglich ist`s, drum eben glaubenswert.                  
 
Mephistopheles sieht gebannt in die Richtung, aus der Faust zu erwarten ist. Faust nähert sich. Entzückt springt Mephistopheles auf, denn von Faust kommt das Zeichen eines O.K. (ein hochgestreckter Daumen).
Am Eingang zur Galerie liegt vorbereitet das schwarze altbiblische Priestergewand. Wenn der Zauber glücken soll, dann muss der große Magier würdig gekleidet sein. Mephistopheles ist Faust behilflich, den Priestermantel überzuziehen. Faust geht direkt auf den Kaiser zu und stellt sich vor ihn.
 
Astrolog
Er rüstet sich, das hohe Werk zu segnen;
Es kann vortan nur Glückliches begegnen.
 
Faust begrüßt ehrerbietig den Kaiser, inspiziert die Galeriewände und entscheidet sich für das größte (echte) Bild. Er gibt Mephistopheles einen Wink, ihm zu Hilfe zu kommen, nimmt das Bild von der Wand und stellt es etwa 2m vor dem Kaiser auf den Boden. Er gibt Mephistopheles zu verstehen, dass er den Rahmen halten soll, zieht ein Messer aus der Tasche seiner Hose und schneidet mit vier geschickten Handgriffen die Leinwand aus dem Rahmen, knüllt sie recht achtlos zusammen und wirft sie einige Meter weit von sich. Der Kaiser will entsetzt aufspringen über diese Ungehörigkeit, wird aber von Mephistophels am Arm gehalten. Außerdem kommt aus allen „besetzten“ Rahmen ein mürrisches Raunen.
Mephistopheles hält brav den Rahmen und schaut ebenso wie alle anderen erwartungsvoll auf Faust und den leeren Rahmen. Faust hat das magische Spiel voll im Griff, so dass Mephistopheles vorübergehend aus seiner Führungsrolle verdrängt ist. Er als sein Lehrer ist stolz auf ihn, was seine Mimik auch aussagen sollte.
Faust kniet vor dem Kaiser nieder und zelebriert mit magischem Ernst die reinste Messe. Schließlich ist er jetzt „Priester“, aber die Verse ähneln mehr einem Zauberspruch.
 
Faust
In eurem Namen, Mütter, die ihr thront                      
Im Grenzenlosen, ewig einsam wohnt,
Und doch gesellig! Euer Haupt umschweben
Des Lebens Bilder, regsam, ohne Leben.
Was einmal war in allem Glanz und Schein,
Es regt sich dort; denn es will ewig sein.
 
Astrolog
Und nun erkennt ein Geistermeisterstück:
So wie sie wandeln, machen sie Musik!
 
Szenenbild 02
Während der Beschwörung Fausts haben sich hinter dem Rahmen Nebelschwaden gebildet, die sich schnell wieder auflösen und die Szenerie frei geben.
Auf einer kleinen Polsterbank liegt, noch mit einem weißen Tuch bedeckt, Helena, während Paris  gerade aus dem Schlaf erwacht, sich auf einen Ellebogen abstützt und sich sitzend reckt. Er ist nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Helena liegt mit dem Gesicht zur Wand und kann nur von Paris gesehen werden.
Der Kaiser hat sich, von Faszination überwältigt, von seinem Stuhl erhoben, ist aber von der gelungenen Beschwörung derart fassungslos, dass er in den Sitz zurückfällt. Aus den Bilderrahmen kommen Erstaunen ausdrückende Vokale und Kommentare.
Dame
O! welch ein Glanz aufblühender Jugendkraft!
 
Zweite
Wie eine Pfirsche frisch und voller Saft!
 
Dritte
Die fein gezog`nen, süß geschwoll`nen Lippen!  
 
Vierte                   
Du möchtest wohl an solchem Becher nippen?
 
Fünfte
Er ist gar hübsch, wenn auch nicht eben fein.
 
Sechste
Ein bisschen könnt er doch gewandter sein.
 
Paris hat sich neben die Bank gestellt, schaut schläfrig in die Runde.
 
Ritter
Den Schäferknecht glaub ich allhier zu spüren,           
Vom Prinzen nichts und nichts von Hofmanieren.
 
Andrer
Eh nun! Halb nackt ist wohl der Junge schön;
Doch müssten wir ihn erst im Harnisch sehen!
 
Helena ist erwacht und wendet sich lächelnd dem Publikum zu. Verschlafen reibt sie sich die Augen, stützt sich auf und hebt ihren linken Arm Paris zu Begrüßung entgegen. Der setzt sich auf die Kante der Bank, dem Publikum zugewandt.
 
Dame
Er setzt sich nieder, weichlich, angenehm.
 
Ritter
Auf seinem Schoße wär euch wohl bequem?
 
Andre         
Er lehnt den Arm so zierlich übers Haupt.
 
Beide beginnen ein zärtliches Spiel von Zuneigung und zarten Liebkosungen.
 
 
Kämmerer
Die Flegelei! das find ich unerlaubt!
 
Dame
Ihr Herren wisst an allem was zu mäkeln.
 
Derselbe
In Kaisers Gegenwart sich hinzuräkeln!
 
Dame
Er stellt`s nur vor! er glaubt sich ganz allein.
 
Derselbe
Das Schauspiel selbst, hier soll es höflich sein!  
 
Dame
Sanft hat der Schlaf den Holden übernommen.
 
Derselbe
Er schnarcht nun gleich, natürlich ist`s, vollkommen!
 
Junge Dame
Zum Weihrauchsdampf was duftet so gemischt,         
Das mir das Herz zum innigsten erfrischt?
 
Ältere         
Fürwahr! es dringt ein Hauch tief in`s Gemüte,
Er kommt von ihm!
 
Älteste
Es ist des Wachstums Blüte.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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