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Faust 2015 > Ebene 38 Vor dem Palaste des Menelas in Sparta
38 Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta / 2
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Helena ist während der Gespräche aufnahmebereit geworden zur Wahrheit. Sie will endlich Klarheit haben über ihre Zukunft und fordert, wenn auch noch so ahnungsvoll, das Ende dieses begonnenen Spieles. Auch wenn damit die furchtbare Prophezeiung Wirklichkeit werden sollte. Sie will dem Schicksal, das man ihr vorbestimmt hat, in die Augen sehen, sie will das Ende, ihr Ende, wenn es denn greifbar nahe gekommen sein sollte, erkennen und nicht mehr länger die Angst vor dem Ungewissen vor sich herschieben. Sie ist Bestandteil einer Geschichte und verlangt deren Ausgang zu erfahren.
 
Helena
Eilt, ein Opfer zu bestellen, wie der König mir gebot!
 
Phorkyas` Ziel ist erreicht - dieses Wort "Opfer" ist das Stichwort für alle weitere Handlung und es musste als solches aus dem Munde Helenas kommen. Es musste das Opfer sich selbst beim Namen nennen, um die Prophezeiung in die Tat umsetzen zu können. 
 
Phorkyas
Alles ist bereit im Hause: Schale,  Dreifuß, scharfes Beil,
Zum Besprengen, zum Beräuchern; Das zu Opfernde zeig an!
 
Helena
Nicht bezeichnet` es der König.
 
Erstaunen vortäuschend schaut Phorkyas die Gebieterin an und ebenso Entsetzen heischend kommt das „Jammerwort" aus ihrem Munde. 
 
Phorkyas
Sprach`s nicht aus?  O Jammerwort!
 
 
Helena
Welch ein Jammer überfällt dich?
 
Szenenbild 06
Das ist der Moment, auf den Mephistopheles in seiner Tarnung gewartet hat, den er gezielt heraufbeschwor. Als dürfte Phorkyas der hohen Frau eröffnen, dass sie, Helena, das größte Glück aller Zeiten zu erwarten hätte, ruft sie ihr zu:
 
Phorkyas
Königin, du bist gemeint!
Hier ist sie, die lange erahnte Wahrheit. Helena erschlafft, lässt die Arme am Körper herunterhängen. Der Urteilsspruch scheint erst Sekunden später ihr Bewusstsein zu erreichen und lässt ihre Hände vor das Gesicht schnellen und sie mit erstickter Stimme sagen:
 
 
Helena
Ich?
 
Phorkyas
Und diese!
 
Chor
Weh und Jammer!
 
Helena
Grässlich! Doch geahnt! Ich Arme!  
 
Phorkyas
Unvermeidlich scheint es mir.
 
Chor
Ach! Und uns? Was wird begegnen?
 
Phorkyas
Sie stirbt einen edlen Tod;
Wie im Vogelfang die Drosseln zappelt ihr der Reihe nach.
 
Szenenbild 07
Phorkyas klatscht in die Hände und sofort kommen der Oberpriester und die  Henkersknechte, um gehorsam und voller Routine die Opferung zu vollstrecken. Helena muss sich entkleiden und wird mit einem endlos scheinenden Band umwickelt. Das Feuer unter einem großen scheibenartigen Kohlegrill wird entfacht. Das alles geschieht sehr schnell. 
Phorkyas
Genug, ihr seid verloren! Also frisch ans Werk!
Herbei, du düstres, kugelrundes Ungetüm!
Wälzt euch hieher: zu schaden gibt es hier nach Lust!
Die Wasserkrüge füllet! Abzuwaschen gibt’s
Des schwarzen Blutes gräuelvolle Besudelung.
Den Teppich breitet köstlich hier am Staube hin,
Damit das Opfer niederkniee königlich
 
 
Panthalis
Du bist erfahren, weise, scheinst uns gut gesinnt,
Obschon verkennend hirnlos diese Schar dich traf.
Drum sage, was du möglich noch von Rettung weißt!
 
Szenenbild 08
Die Henkersgehilfen haben inzwischen begonnen, die Hände der Sklavinnen zu fesseln und an den großen Ring, der vom Himmel schwebt, anzuknüpfen. In Gruppen sollen sie dem Sonnengott geopfert werden.
Phorkyas
Ist leicht gesagt! Von der Königin hängt allein es ab,
Entschlossenheit ist nötig.
 
Chor
Verkünd uns Tag und Heil!
Denn wir fühlen schon im Schweben,
Schwanken, Bammeln unergetzlich 
Unsere Gliederchen, die lieber erst im Tanze sich ergetzten,
Ruhten drauf an Liebchens Brust.
 
Szenenbild 09
Die gebundene Helena wird vom Oberpriester auf die Scheibe gelegt und in dem Moment, an dem von Rettung die Rede beginnt, hebt sich die Scheibe leicht an. Helena versucht, sich aufzurichten, schaut zu den bereits in die Höhe schwebenden Freundinnen hoch, schwankt und droht von der Scheibe in das offenen Feuer zu fallen. 
Szenenbild 10
Der Priester rollt sie zurück in die Scheibenmitte und ist verärgert, dass die liturgische heilige Handlung durch Zwischenfälle dieser Art gestört wird. Durch ein erneutes Händeklatschen Phorkyas` wird die Arbeit des Oberpriesters wie auch die der fünf  Henkersgehilfen unterbrochen und ungefesselt bleiben die letzten Mädchen, abwartend stehen. Helena greift das Flehen ihrer treuesten Dienerin auf und beginnt nun ebenfalls mit dem Versuch, das drohende Ende vielleicht doch noch abzuwenden. Bittend wendet sie sich an Phorkyas:
Helena
Schmerz empfind ich, keine Furcht;
Doch kennst du Rettung, dankbar sei sie anerkannt.
Sprich und sag es an!
 
Szenenbild 11
Phorkyas geht auf und ab und überlegt angestrengt, die rechte Hand unter das Kinn stützt und mit der linken Hand ihre Schamborsten kraulend. Mit entsprechender Gestik befiehlt sie dem Opferpriester, Helena noch einmal von der Scheibe zu nehmen und aufzustellen Helena atmet erleichtert auf. Phorkyas befiehlt dem ungeduldig werdenden Opferpriester erst mit einem erfolglosen Handwinken, dann mit einem barschen Aufstampfen unmissverständlich, dass eine Pause in der Opferhandlung einzutreten hat. Höchst widerwillig lässt sich dieser in seinen Machtbereich hineinreden, muss aber gehorchen. 
Szenenbild 12
Er nimmt das Feuer unter der Sonnenscheibe heraus und stellt sich trotzig mit dem Rücken zu Phorkyas, einige Schritte entfernt von Helena, im rechten Vorderbühnenbereich auf.
Phorkyas.ist neben Helena getreten und sorgt dafür, dass diese ihr Gleichgewicht behält, indem sie sie leicht anstößt, wenn sie umzufallen droht.
Phorkyas
Dort hinten still im Gebirgtal hat ein kühn Geschlecht         
Unersteiglich feste Burg sich aufgetürmt,                    
Von da sie Land und Leute placken, wie`s behagt.
 
Helena
Szenenbild 13
 
Das konnten sie vollführen? Ganz unmöglich scheint`s.
Phorkyas
Sie hatten Zeit: vieleicht an zwanzig Jahre sinds.
 
Helena
Ist einer Herr? Sind`s Räuber viel, Verbündete?
 
Phorkyas
Nicht Räuber sind es, Einer aber ist der Herr.
 
Helena hört mit wachsender Aufmerksamkeit zu. Hoffnung auf Leben sind in ihren Gesichtsausdruck zurückgekehrt. Der noch immer ungläubig und verunsichert neben ihr stehende Opferpriester wendet sich ungläubig zu Helena um, entdeckt, dass sich bei den Bewegungen das Band an ihren Füßen gelockert hat und schickt sich an, dies zu korrigieren. Auch glaubt er, dafür sorgen zu müssen, dass das abseits stehende Feuer nicht verlischt.
Der Rest des blauen Bandes, dessen Länge man nicht abschätzen kann, legt er ordentlich auf den Boden. Es endet in der neben Helena stehenden Rolle. Dieses Band soll im weiteren Verlauf der mysteriösen Fortführung der Handlung symbolische Bedeutung bekommen. Helena, die Mann-Erfahrene, ist nicht nur mutig zu erhofftem Neubeginn geworden, sie ist auch neugierig geworden auf den, der von dem Ungeheuer Phorkyas erwähnt wurde. Helena muss nicht lange erpresst werden, wenn es um Männerbekanntschaften geht. Hier ist sie schneller bereit als erwartet und das Spiel für Phorkyas wird leichter und leichter. 
 
Helena
Wie sieht er aus?
 
Phorkyas
Nicht übel! Mir gefällt er schon.
Es ist ein munterer, kecker, wohlgebildeter,
Wie unter Griechen wenig, ein verständ`ger Mann.
Man schilt das Volk Barbaren; doch ich dächte nicht,
Dass grausam einer wäre, wie vor Ilios
Gar mancher Held sich menschenfresserisch erwies.            
Ich acht` auf seine Großheit, ihm vertraut ich mich.
Und seine Burg! Die solltet ihr mit Augen sehn!
Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen,
Altane, Galerien, zu schauen aus und ein,
Da könnt ihr tanzen!
 
Chor
Sage: gibt`s auch Tänzer da?
 
 
Phorkyas
Die besten! Goldgelockte, frische Bubenschar!
Die duften Jugend! Paris duftete einzig so,
Als er der Königin zu nahe kam.
 
Helena
Du fällst
Ganz aus der Rolle; sage mir das letzte Wort!
 
Phorkyas
Du sprichst das letzte, sagst mit Ernst vernehmlich Ja!
Sogleich umgeb ich dich mit jener Burg.
 
Chor
O sprich
Das kurze Wort und rette dich und uns zugleich!
 
Helena
Ich fürchte, Gutes wendest du zum Bösen um.
Vor allem aber folgen will ich dir zur Burg;
Alte, geh voran!
 
Chor
Szenenbild 14
 
Wie gern gehen wir hin
Eilenden Fußes;
Hinter uns Tod,
Freiem Blicke, starr entgegen.
Ist`s ein Hof? Ist`s tiefe Grube?
Schauerlich in jedem Falle!
Schwestern, ach! Wir sind gefangen,
So gefangen wie nur je.
 
 
Szenenbild 15
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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